Wie viele Wörter passen in einen Satz?
Wie viele Wörter braucht es, um einem Satz Sinn zu geben?
Die Antworten sind unerheblich, da sie letztendlich relativ zu dem sind, was der Satz ausdrücken soll.
Die Anzahl von Wörtern in einem Satz sagt weder etwas über dessen Inhalt noch über Bedeutung und Wirkung dessen, was da geschrieben steht, aus.
Wortzahlen sind unbedeutend, wenn es darum geht, eine spannende Geschichte zu erzählen.
Dennoch scheint das Zählen von Wörtern für viele eine immanente Wichtigkeit auszustrahlen:
Geschriebene Wörter heute: 453
Geschriebene Wörter in dieser Woche: 6.093
Geschriebene Wörter in dieser Geschichte: 43.880
SCHAU HER: Meine Zahlen!
Und Stolz klingt in ihrer Ankündigung mit.
In diesen euphorischen Zeilen mag eine mystische Verheißung mitschwingen: Der Glaube, etwas geschaffen zu haben, die Hoffnung, ein gutes Stück vorangekommen zu sein, der Traum, eine wahre schriftstellerische Leistung zu vollbringen.
Jedoch: Kann man sprachliche Leistung in Wortzahlen messen?
Ich glaube nicht.
Der Zwang, dem man sich selbst auferlegt, eine gewisse Menge an Zahlen täglich auf Papier zu bringen, scheint meiner Meinung nach einem kreativen und wortgewandten Geist entgegenzustehen.
Eine Geschichte zu erzählen heißt nicht nur, ihre Begebenheit Schritt für Schritt niederzuschreiben, es heißt vielmehr: Den richtigen Aufbau finden, die Zusammenhänge auf erstaunliche, unbekannte, vielleicht sogar verwirrende Art darzustellen, um sie dann in einer umfassenden Wende zu einem erkenntnisreichen Ende zusammenzufügen.
So etwas schüttelt man selten aus dem linken Ärmel.
Besonders nicht, wenn man unter dem Druck steht, „etwas schaffen zu müssen“.
Schreiben braucht Zeit. Und das Gefühl, für genau diesen Satz jetzt bereit zu sein.
Photo by Romain Vignes on Unsplash
Ein bisschen Druck tut mir ganz gut, allerdings gehe ich nach Seiten und nicht nach Wörtern, denn wie du sagst, ist es nicht die Menge an Wörtern, die eine Geschichte ausmacht. Pro Woche 20 Normseiten sind gut zu schaffen. Wenn es mal nicht klappt, ist das auch keine Katastrophe. Manchmal lässt das Leben eben keine Kreativität zu. Ich mache mir manchmal Abends, vor dem Schlafen, Gedanken um die nächste Szene/Kapitel und schreibe sie am Tag darauf nieder.
Ich sage mir eher: Ich will das schaffen, aber nie ich „muss“ es schaffen. Dann wird es der Zwang, den du Beschrieben hast und dann macht es auch keinen Spaß mehr. Das wäre dann wie der Aufsatz in der Schule: „Schreibe über Thema XY 800 Wörter“. Manchmal war man ja schon nach 400 fertig, weil es einfach nichts mehr darüber zu sagen gab. Dann wurde es mit Füllwörtern aufgebläht. Zumindest war das immer meine Taktik, wenn nicht mehr kommen wollte. Bemängelt wurde es nie. Was ich schade finde. Es kam auch da nur auf die Zahl an.
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Ich denke ebenfalls, dass es okay ist, auch mal nicht zu schreiben – auch für ein paar Tage. wenn es nicht geht, geht es nicht. Andererseits braucht man auch einen gewissen Druck, um voranzukommen – man muss sein eigenes Maß finden.
Wortvorgaben gab es zum Glück nur im Englischunttericht. Wobei es im Deutschunterricht immer eine gewisse Konkurrenz unter uns Mädchen gab, wer mehr Wörter im Aufsatz geschrieben hatte… :P
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Toller Text!
Ich habe meine Worte schon lange nicht mehr gezählt. Ich hatte immer das Gefühl die Zahl würde mich auslachen! Und das fand ich echt doof.
Mit dem „Gefühl, für genau diesen Satz jetzt bereit zu sein“ kann ich mich total identifizieren! Ich hab das Gefühl, dass manchmal Wörter mit einem verwachsen oder manchmal vor einem liegen und grinsen, weil sie wissen, dass du erst in einigen Stunden Arbeit für sie bereit sein wirst.
Wie kleine Lebewesen!
Liebe Grüße
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Ich musste mir meinen eigenen Text erst einmal wieder durchlesen, um zu wissen, was du genau meinst :D
Ich sehe das heute schon ein bisschen differenzierter als damals. Ich war zu dieser Zeit noch der Überzeugung, dass man gar kein Wortziel braucht: Man schreibt eben so vor sich hin. Aber das kann schnell zu fehlender Disziplin führen, ist mir inzwischen bewusst. Ich bin immer noch der Meinung, dass man nichts erzwingen sollte. In dieser Hinsicht gebe ich meiner eigenen Textaussage recht. Aber ich erinnere mich an die tiefere Intention (Anti-Wortziele), die ich mit diesem Beitrag verfolgt habe. Und die ist nun deutlich anders. Spannend, so zurückzublicken!
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