Darf ich vorstellen: Der complexus scribitus. Unser Schreib-Muskel.
Und gleich dazu ein hartes Trainingsprogramm, um ihn zu fördern:
Schreiben, schreiben, schreiben.

Auf den ersten Blick scheint der Zusammenhang logisch:
Täglich sich im Schreiben zu üben, fördert das Schreiben. Schreiben als Sport!
Aber ist dem wirklich so?

Das häufigste Problem, das man beim Schreiben hat, ist das, was poetisch oft  als „Stil“ bezeichnet wird, genau genommen aber nur die eigene, immer gleiche Buchstabensuppe ist, in der man stetig im Kreis schwimmt und diese auch noch als gut bezeichnet.

Wenn ich mich jeden Tag hinsetze und irgendeinen Text produziere (ohne konkreten Inhalt, einfach mal drauflos schreiben… das nennt sich dann Kreativität) und dabei nur mit dem arbeite, was meine Buchstabensuppe gerade hergibt – was soll da Neues passieren? Was soll sich da entwickeln?

Klartext: Sicherlich bringt Vielschreiben eine gewisse Übung, vielleicht auch Routine, um Gedanken in Worten und Sätzen festzuhalten. Tatsache ist jedoch, dass sich daraus nur auf lange Sicht Stil, Wortwahl, Satzbau und ähnliches verändern, da wir immer wieder auf dieselben Muster zurückgreifen. Echte sprachliche Innovation ist eher eine Seltenheit.
Besonders, wenn man davon überzeugt ist, man könne ja schon ach so gut formulieren, strukturieren und überhaupt Geschichten erzählen.

Was also dann tun?
Lesen, lesen, lesen.
Und dabei es wie die Kleinen machen: Beobachten und nachahmen.
Die leitende Frage sollte dabei sein: Wie macht der Autor das eigentlich? 
Sich andere Texte konkret anzuschauen und zu versuchen, die Art des Erzählens nachzuvollziehen, öffnet den Blick dafür, was überhaupt sprachlich alles möglich ist und wie gute Texte funktionieren.
Sich selbst im Stil des anderen zu versuchen, fördert und fordert das Schreiben dabei auf besondere Weise: Einerseits muss man sich erst einmal auf den fremden Stil einlassen. Andererseits zeigen sich dadurch völlig neue Ebenen in Ausdruck, Wortschatz und Satzbau.

Oder indem man sich theoretisch mit dem Handwerk Schreiben auseinandersetzt.
Die Ratgeber-Literatur ist vielfältig und ich bin gerade dabei, mir einen Überblick zu verschaffen. Eine erste Rezension findest du hier.

Wichtig ist zudem, nicht einfach eine große Sammlung unfertiger Textschnipsel anzulegen, sondern immer wieder an den Texten zu arbeiten, bis man selbst zufrieden mit ihnen ist. Kein Text ist im ersten Anlauf perfekt. Eine Verbesserung des eignen Schreibstils kann man nur erzielen, wenn man auch bereit ist, die eigenen Schreibprodukte kritisch zu analysieren und zu korrigieren.

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23 Antworten auf „Aufruf zum Schreiben!

  1. Das spricht mir gerade sowas von aus der Seele :D Danke dafür.
    Ab heute schreibe ich ja auch nicht mehr jeden Tag, sondern versuche, mehr zu lesen und zu korrigieren.

    Dabei werde ich deine Worte definitiv beherzigen ;)

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      1. Natürlich! :D
        Ab sofort poste ich aber nur noch wöchentlich.
        Habe halt auf die „harte Tour“ gelernt, was du in deinem Beitrag geschrieben hast und möchte meine Methoden jetzt ein wenig anpassen. Da kommen mir deine Lösungsvorschläge sehr gelegen :)

        Hoffentlich werden meine Texte dadurch etwas besser :D

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      2. Ich bin da durchaus überzeugt davon :) (nicht nur aus einem Gefühl heraus, ich beschäftige mich gerade im Rahmen meiner Abschlussprüfungen mit dem Thema Schreibkompetenz erwerben und vermitteln, es ist also auch durchaus wissenschaftlich fundiert).
        Ich bin ja selber gerade dabei, mich schriftsprachlich weiterzuentwickeln. Nur dranbleiben muss man und keine Riesenschritte erwarten ;)

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  2. Ein wirklich toller Beitrag✨. Und ich stimme dir auf jeden Fall zu🙂
    Den Vergleich mit der Buchstabensuppe finde ich übrigens echt schön gwählt😍!
    P.s. Ich habe auf deine Mail geantwortet, ich weiß nicht, ob du das schon gesehen hast🙂❤️!
    Alles alles liebe ❤️

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    1. Danke für die Komplimente :)
      Ich habe dir gestern geantwortet, ist die Nachricht nicht angekommen? Ich war über Ostern viel unterwegs und es ist eine sehr lange Nachricht geworden, deshalb hat es etwas gedauert ;)

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    1. Ich bin davon leider völlig weggekommen. Ich habe früher viele und auch teure Füller besessen, aber irgendwie haben sie nie wirklich so gut und flüssig geschrieben, wie ich es mir gewünscht habe… Hast du eine bestimmte Füller-Marke, die du empfehlen kannst? :D

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      1. Eigentlich kaufe ich mir nur einfache. Ich habe das Problem ich schreibe so besonders sag ich mal, das ich jeden Füller kaputt mache, auch teure und daher lieber günstige. 😂

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  3. Schreiben als Muskel habe ich nie verstanden. Ich denke zwar durchaus, dass häufig zu schreiben wichtig ist, um dran zu bleiben, aber das mit dem Lesen stimmt definitiv, zumindest schlussfolgere ich das aus meinen eigenen Erfahrungen. Wenn ich lange nicht lese, leidet mein Stil darunter. Und auch meine Rechtschreibung, wenngleich der Unterschied heute sehr klein werden dürfte.
    Denn selbst wenn ich nicht die Formulierungen eines andere übernehme, werde ich sicherlich viele Anstöße finden, aus denen ich originelle Sätze basteln kann. Deswegen möchte ich wieder mehr lesen, Mensch.
    Was ich auch mal gemacht habe: Einen Teil meines Lieblingsbuches lesen und versuchen, ihn „nachzuschreiben“. In dem Zusammenhang einmal Schleichwerbung für „Die Drachenkämpferin“ von Licia Troisi. Das war eine schöne Sache, die sich gern öfter machen möchte, wenn ich kann.

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    1. Ich will zukünftig ein paar Bücher, die mir sehr gefallen haben, noch einmal lesen und dabei ganz genau darauf achten, wie der Autor den Text schreibt. Beim ersten Lesen gehe ich meist so im Flow mit, dass ich mich nicht so recht auf den Stil konzentrieren kann^^

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      1. Tipp: Einen Teil abschreiben! Zum einen „liest“ man dann (etwas) langsamer, zum anderen wandern die Muster (Stil) dann in die „ausführenden Hirnregionen“ (nicht nur in die wahrnehmenden), sodass quasi eine doppelte Verarbeitung stattfindet. (Wichtig: Die abgeschriebenen Passagen zeitnah wegwerfen, damit man sie nicht irgendwann für eigene Schnipsel hält und verwendet.)

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  4. Ich mache „das Feilen“ mit Blog-Postings nahezu immer so. Da wird in der Regel irgendwann ein Thema aufgesetzt und dann üppig immer wieder mal am Geschriebenen gezerrt. Es wird weggelassen, umgeschrieben, verständlicher gemacht. Sprachliche Mängel nach Möglichkeit ausgemerzt.
    Wenn man zum Inhalt aus irgendeinem Grunde nicht mehr steht, wird in grösserem Stil umgeschrieben oder der Artikel sogar gelöscht.

    So fing ich einst auch mit dem Tagebuchschreiben an, vor knapp 20 Jahren. Es war vielerlei: Besinnung, Spüren, im Schreiben Erfahrenes durchdenken und neu deuten, das Neu- und anders formulieren.

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    1. Mein Blogeinträge entstehen ähnlich. Was ich dabei besonders gelernt habe: Auf den Punkt zu kommen und sich kurz zu fassen. Meist schreibe ich erst einmal alles runter, wie es mir in den Sinn kommt und dann wird radikal gekürzt. Ich bin oft selbst erstaunt, wie oft ich mich wiederhole!
      Seitdem ich selbst dabei so konsequent bin, fallen mir Wort- und Sinnwiederholungen umso mehr bei anderen Einträgen auf…

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