Kreativität ist mehr als eine erste Idee.
Schreiben ist geprägt von der kreativen Entfaltung von Ideen, Zusammenhängen und Worten.
Und das trifft nicht nur auf explizit fantasievolle Literatur zu, sondern auf jede Form von Textproduktion.

Schreiben ist immer ein Prozess, der einen klaren Anfang, aber ein ungewisses Ende hat. Die Produktion eines Textes kann noch so detailliert geplant werden – erst  in der Umsetzung von einem bloßen Gedanken zu einem vollständigen Satz entwickelt sich das, was die Formulierung wirklich aussagt.

Er ging zu spät.
Er ging: Zu spät.
Er ging, jedoch zu spät. 
Er ging jedoch – zu spät. 

Manchmal können sich die einzelnen Varianten nur um Nuancen voneinander unterscheiden, wie in diesen Beispiel, oder eine völlig andere, neue Richtung einschlagen, die die Aussage oder gar den ganzen Text völlig verändert.

Das weiße, leere Blatt Papier ist dem Schreibanfang eigen.
Es ist die Hürde vor dem ersten Schritt: Von einer vagen Idee hin zum Erblühen von Worten und Formulierungen, die unserer sprachlichen Kreativität entspringen.

Doch wortlos sitzen wir vor jenem strahlend hellen Schrecken und jeder Satzanfang scheint der falsche zu sein. 

Stellen wir uns das Schreiben jedoch als jenen kreativen Prozess vor – ein Prozess, voller Möglichkeiten, voller Gedankenblitze und unerwarteter Wendungen, die hinter jedem Komma, jedem Wort lauern  – was gibt es da noch zu befürchten?

Die Überwindung der weißen Leere ist weniger an den perfekten ersten Satz gebunden, sondern vielmehr an die Herausforderung, sich seiner eigenen Kreativität zu stellen und auf das Abenteuer Schreiben einzulassen.

Photo by Brandi Redd on Unsplash

7 Antworten auf „Wer hat Angst vorm weißen Blatt?

  1. Ich muss ehrlich sagen, dass ich es liebe auf einem neuen weißen Blatt zu schreiben. Teilweise beginne ich die Fortsetzung von Texten lieber auf einem neuen Blatt, weil mich der vorherige Text nur ablenkt. ^^ Es fällt mir dann oft leichter den Schreibfluss zu finden.

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  2. Zu deinem Satzbeispiel kann ich noch ein bisschen Linguistenpoesie beitragen, nämlich eine Bedeutungsverschiebung ins Gegenteil durch ein simples Komma: „Er will sie nicht.“ und „Er will, sie nicht.“ Zum weißen Blatt möchte ich anmerken, dass es zunehmend ein digital simuliertes Blatt ist, weil die meisten Texte am Bildschirm mittels Textverarbeitung verfasst werden. Da kann die Ehrfurcht vor dem makellosen Weiß eines Papierblatts gar nicht erst aufkommen.

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    1. Das Beispiel mit dem Komma ist wirklich sehr treffend. So etwas habe ich in meinem Kopf gesucht, aber nicht gefunden ;)
      Was das Blatt Papier betrifft: Virtuell steht uns auch nur ein weißer Bildschirm zur Verfügung, der ja das Blatt Papier darstellt. Und das Problem, den ersten Satz zu schreiben, haben ja viele damals wie heute – trotz dee Digitalisierung.

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