Wenn ich hier von einer Liebesgeschichte rede, dann meine ich damit nicht nur diese kurzweiligen, bunten Bahnhofslektüren, die behauptetermaßen niemand liest.
Jede gute Geschichte braucht ein bisschen Liebe, egal, wovon sie im Kern handelt.
Unabhängig vom Genre verzichtet kaum ein Autor auf die kleine Romanze zwischen Abenteuern, Heldenschlachten und Mordaufklärung.

Momentan gibt es unter den Lesern einen vermehrten Wunsch danach, bei diesen Romanzen gern etwas konkreter zu werden.
Seit Fifty Shades of Grey scheint es keine Tabus mehr zu geben. Alles darf gesagt, erklärt und beschrieben werden.
Aber braucht es das auch?

Wenn ich merke, dass sich in einem Buch eine klassische Liebesgeschichte anbahnt (also keine On/Off-Wir-Schlafen-Nur-Miteinander-„Beziehung“), dann erwarte ich drei Dinge:
– Emotionen: Ich möchte das Kribbeln im Bauch spüren können.
– Spannung: Ich will mitfiebern, ob sie sich nun endlich ihre Gefühle gestehen.
– und ein bisschen Drama: Weil auch die größte Liebe nicht ohne Konflikte auskommt.

Um all das vermittelt zu bekommen, brauche ich keine Sexszenen. Genaugenommen will ich davon auch gar nichts in Büchern, die nicht als solche deklariert sind, lesen.
Ich empfinde es häufig als ein Herausreißen aus der eigentlichen Handlung. Über mehrere Seiten werden heiße Küsse, das langsame Entkleiden, im wahrsten Sinne unvorstellbare Stellungen, Stöhnen, Erektion und Orgasmus beschrieben – was hat das mit der Mordaufklärung, einem Abenteuerrätsel und oder dem Gewinnen einer Heldenschlacht zu tun?
Und nicht selten schießt mir in solch einer Szene durch den Kopf:
1. Das ist doch unrealistisch.
2. Das kann ich mir nicht vorstellen.
3. Das hätte ich anders in Worte gefasst. 
Geschmäcker sind verschieden und den richtigen Ton zu treffen, ist eine Gratwanderung.

Warum nicht einfach in spannungsvollen Andeutungen bleiben – und den Rest der Fantasie des Lesers überlassen?
Sex sells – aber wenn ich einen Krimi kaufe, will ich etwas von Tätern, Opfern und der Spurensuche lesen und nicht googlen, wie ich mir die „übergeworfene Schildkröte“ vorstellen muss.

Wie steht ihr zu dem Thema?
Eure Alex

Photo by Pixabay

14 Antworten auf „Lasst doch den Figuren ihre Privatsphäre!

  1. Eine spannende Frage! Ich bin der Meinung, dass in Romanen für ein erwachsenes Publikum durchaus Sexszenen vorkommen dürfen. Grundsätzlich lese ich sie auch gerne. Die große Frage ist, wie du ja schon bemerkt hast, ob sie für die Handlung relevant sind. Wenn der Roman sich ausschließlich oder bis zu einem gewissen Grad um die Liebesbeziehung zweier Menschen dreht, dann ja. Da hab ich gar nichts dagegen. Aber natürlich gilt für intime Szenen wie für alle anderen, dass sie nicht langatmig und gut geschrieben sein sollen.

    Zu abgedroschenen Formulierungen … das war früher sogar noch schlimmer. Lies mal Liebesromane aus den 50ern und 60ern! (Da hat man wirklich was zu lachen!) Aber ich hab auch genug schlechte Szenen in neueren Büchern gelesen, um zu wissen, was du meinst. :)

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      1. Vielleicht sind es auch nur die französischen? Ich hab dabei an die Angelique-Reihe von Anne Golon gedacht – mehrere dicke Wälzer, in denen Dinge stehen wie „sie gehörte nicht mehr sich selbst“ und „das Feuer der Leidenschaft verzehrte sie“. :D Abgesehen von den veralteten Ansichten habe ich sie aber gerne gelesen.

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      2. Bestimmt! Auch die Vergleiche von Frauen mit Wildpferden, die gezähmt werden müssen, sind ziemlich erheiternd … (wenn man der inneren Feministin mal kurz die Ohren zuhält)

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  2. Ich mag Andeutungen lieber. Ich finde es widerlich wenn solche Sachen geschrieben werden und davon geredet wird in Bücher wie beim zweiten Teil von das Reich der sieben Höfe. Wenn ich so etwas lesen will, dann hole ich mir einen Erotikroman.

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    1. Hallo CK, ich schau, dass ich es nicht vergesse, aber momentan ist es mit den schreiben von Blogbeiträgen bei mir nicht ganz einfach. Prüfungszeit halt^^ von daher kann ich nicht versprechen, dass ich das zeitnah schaffe oder bid dahin nicht doch vergessen habe. Weshalb trotzdem auf dem Blog regelmäßig Beiträge kommen: Die sind vorgeschrieben ;) Trotzdem danke für die Nominierung!

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  3. Liebe Alex,

    sehr schön geschrieben und ich bin vollkommen deiner Meinung. Ich finde Andeutungen und sanfte Hinweise oft viel effektiver, als die detaillierten Sexszenen. Zumal ich mir auch einen Erotikroman kaufen könnte, wenn ich so etwas lesen wollte. Grundlegend finde ich es nicht schlimm, wenn es drin vorkommt, aber es muss eben nicht immer aufs Ganze gehen.

    Liebe Grüße
    Ella

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  4. Ich hatte früher oft das Gefühl, ich müsste in gewisser Weise ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen Figuren haben, wenn ich den Lesern ihre intimsten Geheimnisse verrate… Und ich finde du hast da schon Recht, denn eine Geschichte die an solchen Stellen nichts auslässt verliert an Magie.

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