Ich sehe es klar und deutlich vor mir.
Die Geschichte spielt sich in meinem Kopf ab wie in einem Film, den ich schon tausende Male gesehen habe. Ich kenne jede Szene: Begleite die mutigen Helden, lausche den schlagfertigen Dialogen, folge den majestätischen Kamerafahrten über Städte, Schlachtfelder und neue Landschaften, erstaune vor meinen eigenen Plottwists und wische mir am Ende ein Tränchen aus dem Auge. Alles mit dieser verwaschenen Instrumentalmusik unterlegt, die Werbespots mehr Dramatik verleihen soll.
Alles ist perfekt.
Jetzt gilt es nur noch, die Bilder einzufangen und festzuhalten, die richtigen Worte zu finden und das Ganze in Sätze zu kleiden.
Was kann schon schief gehen?
So einiges.
Es gibt meist zwei große Probleme:
Erstens kennt man sich als Autor immer mit allen skurrilen Eigenheiten seiner Welt bestens aus. Wenn man diese nicht halbwegs solide in seiner Geschichte erklären kann, steht der Leser vor einem großen Rätsel.
Zweitens sind logische Fehler zu nennen. Plotlöcher zeichnen sind dadurch aus, das mit einem Mal etwas passiert, auftaucht oder gelöst wird, das nur mit der göttlichen Hand des Autors zu erklären ist. Nicht selten ein Grund, dass der Leser ungläubig den Kopf schüttelt und das Buch in eine Ecke verbannt.
Im Selbstversuch habe ich meine Geschichte fünf Tests unterzogen, um diese Fehler auszumerzen:
(1) Ein Diagramm, eine Übersicht oder Sketchnotes mit den wichtigsten Ereignissen aufzeichnen, um sich fernab aller unnötigen Beschreibungen und langatmigen Dialoge einen klaren Überblick über die Handlung zu verschaffen. Folgt ein Schritt logisch auf den anderen?
(2) Die Geschichte rückwärts denken. Bei der rückwärtigen Sicht fällt eher auf, wenn aus einer Handlung doch nicht ganz das folgt, was du als Autor im Ergebnis dem Leser vorjubeln willst.
(3) Die Geschichte einem anderen erzählen. Dabei muss dieser noch nicht einmal besonders kritisch sein. Notfalls tut es auch die Katze. Wichtig ist dabei, frei zu sprechen. Wenn hier Erinnerungslücken entstehen, kann das ein Hinweis auf Plotlücken sein (oder Gedächtnisschwund).
(4) Den Plot zusammenfassen und einem kritischen Publikum überreichen: unvoreingenommenen Freunden, Familienmitgliedern oder Bekannten. Die beginnen meist ganz schnell von selbst, Fragen zu stellen, und wenn du auf die keine gute Antwort weißt, solltest du nochmal bei dir selbst nachhaken, wie du dir das vorgestellt hast.
(5) Auf dein Bauchgefühl hören. Wenn du deine Geschichte liest, versuch nicht, völlig darin abzutauchen, sondern kritisch zu bleiben. Wenn sich an einer Stelle ein kleines Unbehagen einstellt, geh ihm nach und spür den Grund dafür auf.
Ich selbst habe vor kurzem noch einmal so einiges am Plot ändern müssen, damit alles zusammenpasst. Mein Credo: Es kann nur besser werden!
Eure Alex
Photo by Slava Bowman on Unsplash
Bei dir klingt immer alles wie eine Wissenschaft. 😱
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Oh, ist das so? Der Beginn sollte eher träumerisch wirken (das ist für mich meine Geschichte nämlich auch). Aber andererseits habe ich auch immer wieder Zweifel… Und denen versuche ich irgendwie sinnvoll zu begegnen ;)
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Ja beides merkt man.
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