Der Antagonist führt bei vielen Autoren oft ein Schattendasein. Und das liegt nicht nur an dubiosen Machenschaften in der Dunkelheit. Nicht selten versauern sie etwas einsam und unmotiviert in der Böse-Buben-Ecke.
Mein Gegenspieler fristete lange Zeit ein ähnliches Dasein. Ich konzentrierte mich auf meine Helden, ihre Freunde und Helfer: Voller Tatendrang und Träume stellten sie sich ihren Herausforderungen. Mein Antagonist blieb dabei auf der Strecke.
Erst nach und nach ist mir klar geworden, dass auch dieser all das braucht, um glaubwürdig in der Geschichte auftreten zu können.

Wir sind uns sicherlich alle einig: Das Weltherrschaft-an-sich-reißen-Motiv ist längst überkommen, das Böse in Person sprechen wir nur noch einem Psychopathen zu und Rachegelüste sind zwar in Krimis ein beliebtes Motiv, wirken aber auch schnell aufgesetzt und einfallslos.
Tiefgründigere Beweggründe müssen her.
Dabei liegt das Problem häufig daran, dass wir als Autor voreingenommen sind. Wir stehen auf der Seite unseres Protagonisten: Wir halten seine Worte für wahr, seine Taten für gerecht, seine Ziele für edel und seine Moral für unfehlbar. Aus dieser Perspektive kann der Antagonist nichts anderes als böse und fies sein.

Aber auch dein Antagonist braucht schriftstellerische Zuwendung.
Das Ziel ist, einen Perspektivwechsel vorzunehmen und sich in die Lage des Gegenspielers zu versetzen. Welche Ziele und Hoffnungen leiten sein Handeln? Welchen Schicksalen hat er sich zu stellen?
Wichtig ist, glaubhafte Überzeugungen zu schaffen, die den Antagonisten dazu veranlassen, so zu handeln, wie er nun einmal handelt. Anstatt ihn von Grund auf negativ zu entwerfen, solltest du dir die Geschichte aus seiner Sicht ansehen und ihn (kurz) zum Helden der Handlung machen: Was treibt ihn an? Welche Ziele hat er sich gesetzt? Bauen seine Handlungen logisch aufeinander auf?
Dadurch kannst du die Beweggründe deines Antagonisten besser ausarbeiten und nachvollziehen sowie sein Handlungskonzept von Anfang bis Ende durchdenken.

Gleichzeitig helfen solche Übungen, deinem Antagonisten auch ein paar positive Aspekte zu verleihen. Das macht die Figur deutlich komplexer und kann auf interessante Weise mit der Sympathie und Antipathie deines Helden als auch deines Lesers spielen.

Vielleicht findest du gerade jetzt die Zeit, dich auch einmal liebevoll um deinen Bösewicht zu kümmern.
Ich wünsche allen dazu eine besinnliche Weihnachtszeit.

Eure Alex

Photo by Josh Boot on Unsplash

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