Mein Schreibtisch ist aufgeräumt, neben mir steht eine frische Kanne Guten-Morgen-Tee, der gerade genau die richtige Trinktemperatur hat, ich trage meinen Kuschelpullover, ich bin ausgeschlafen, satt und der ganze Tag liegt vor mir.
Ein perfekter Samstagmorgen zum Schreiben.
Trotzdem fließen die Worte nur zäh dahin. Ich tippe, zwei, vielleicht drei Sätze, dann ist meine Motivation schon wieder verpufft.
Nachdem ich im Januar voller Elan ins Schreiben gestartet bin, scheint schon jetzt die Luft raus zu sein. Statt kontinuierlich zu arbeiten, vergehen die Tage, ohne dass ich etwas für meine Geschichte geleistet hätte.
Ich könnte mich mit einigen guten Ausreden trösten. Vieles scheint gerade wichtiger zu sein, als das Schreiben. Mir fehlt es einfach an innerer Ruhe.
Aber ist dem wirklich so? Oder kann ich mich einfach nur nicht richtig konzentrieren? Lasse ich mich zu schnell ablenken?
Das Schreiben meiner Geschichte ist mir sehr wichtig – aber vielleicht doch nicht wichtig genug?
Ein ganz anderer Gedanke kam mir vor wenigen Tagen.
Deprimiert schreibe ich erneut eine Null in meinen täglichen Wordcount. Sie reiht sich gekonnt hinter ihren Schwestern ein. Deprimiert schlage ich mein Notizbuch zu und will am liebsten gar nicht mehr hineinschauen.
Aber vielleicht liegt es genau daran: Dieser ständige Vergleich von Zahlen. Dabei hab ich es doch gar nicht so mit Mathe. Ich will mich doch mit Buchstaben beschäftigen!
Ich erinnere mich, dass ich einen solchen Gedanken schon einmal hatte. Als ich den Beitrag Jeden Tag ein Wort schrieb. Die Vorstellung, zwanghaft ein Tagespensum an Wörtern niederzuschreiben, war mir schon damals zuwider. Ich lese meinen eigenen Text, als hätte ihn jemand anderes verfasst. „Kann man sprachliche Leistung in Wortzahlen messen?“, frage ich darin.
Längst habe ich mich von den ganzen Wordcounts, die auf WordPress, Instagram und Twitter voller Stolz in die Höhe gehalten werden, beeindrucken lassen. Und war der Überzeugung, es genauso machen zu müssen.
Nach meiner Eigenlektüre fühle ich mich nun wie ein Nummerngirl beim Wordcount-Wrestling.
Ich muss mir eingestehen, dass Wörterzählen nicht zu mir passt. Es engt mich zu sehr ein und setzt mich unnötig unter Druck.
Inzwischen arbeite ich nach einem anderen Maßstab: Ich schreibe nicht mehr, um eine bestimmte Menge an Wörtern täglich aufs Papier zu bringen, sondern in Szenenabschnitten. Die erste Szene heute, die zweite morgen, bis zum Wochenende soll das Kapitel fertig sein. Die Wörter-zählen-Anzeige in Word habe ich deaktiviert.
Und das fühlt sich erstaunlich gut an. Denn nun stehe ich auch nicht mehr unter dem Zwang, täglich schreiben zu müssen. Ich habe Zeit. Zeit, um darauf zu warten, für genau diesen Satz jetzt bereit zu sein (Zitat von mir selbst).
Eure Alex
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Das kommt mir alles sehr bekannt vor. Du schreibst mir aus der Seele. 😊 Ich habe es auch aufgegeben, mich mit Wörterzählen zu malträtieren.
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Orientierst du dich an etwas anderem? Seitenzahlen? Szenenabschnitten? Oder schreibst du nur noch für dich?
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Meistens schreibe ich eine Szene oder auch mal zwei. Da ich nebenberuflich schreibe, setze ich mich nicht mehr so unter Druck. Tägliches Schreiben klappt eben nicht immer.
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Liebe Alexandra, auch ich komme nicht mit meinem Roman voran, also nicht im klassischen Sinne. Dafür tauchen jede Menge Wortspielereien und Blogbeiträge aus mir auf – einfach so. Für den Roman habe ich eine ganz andere Idee, etwas was es bisher noch nicht gibt. da bin ich dran. Ich habe mich von allen Vorgaben und Erwartungen an mich selbst verabschiedet und genieße einfach, wenn das Schreiben aus mir fließt, einfach so.
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Liebe Sabina,
das ist sicherlich ein sehr spannendes Experiment! Für mich selbst wüsste ich aber nicht, ob ich dann nicht zu oft einfach sagen würde: nein, heute habe ich keine Muße. Der Grad zwischen guter Ausrede und nur keine Lust ist recht schmal…
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Bei mir ist es so, dass ich alles stehen und liegen lasse, wenn die Worte aus mir heraus wollen, das habe ich mir angewöhnt, ich verschiebe es nicht mehr und dann entstehen die allerschönsten Sachen wie z.B. heute morgen https://herbergederfreude.com/2018/02/23/knospen-der-freude/
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Ich würde wohl gar nicht schreiben, wenn ich nur auf solche Momente warte, in denen die Muse mich küsst^^‘ Und das mit dem alles stehen und liegen lassen lässt sich auch nicht immer so einfach bewerkstelligen.
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Das ist bei mir eben anders, ich bin überhäupt nur aufs Schreiben gekommen, weil es mit einem Mal aus mir heraus blubbert oder es geht ein Wort mit mit spazieren und daraus formt sich dann eine Wortspielerei. Dann aber nichts wie nach Hause und Schreiben. Wie auch immer, ohne die inneren Impuls entsteht nichts Schönes und Berührendes, somit folge ich einfach den Impulsen.
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Was ja auch sehr produktiv sein kann und schön ist :) freut mich, dass du so viel Spaß am Schreiben hast :)
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Genau so! Es ist doch eh so: müssen tötet jede Kreativität. Wenn ich aber genau jetzt Lust und Muße habe, dann flutscht es regelrecht. Denke ich aber: du musst, es soll fertig werden, … dann ist der Druck unendlich. Die richtige Balance habe ich leider auch noch nicht gefunden.
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Ich suche auch noch nach dieser Balance^^ Ich habe (leider) für das Studium viele Jahre unter Zeitdruck und Arbeitszwang geschrieben, ganz unabhängig, ob ich Lust hatte oder nicht. da ist es nicht einfach, plötzlich umzulernen.
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Ich bin auch noch dabei, mich zu finden… aber zu viel Druck ist nicht gut für mich, Wörter zählen wäre nicht meins. Es kommt ja auch nicht auf die Quantität an, sondern auf die Qualität.
Das gute an schreibfreien Tagen ist ja, dass man wieder etwas Abstand zum Text gewinnt und ihn dann mit neuen Augen sehen kann. Für Überarbeitungen brauche ich das.
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Da gebe ich dir total recht. Durch das Wörterzählen habe ich mich nur noch auf die Quantität konzentriert, die Handlung ist für mich quasi völlig aus dem Fokus gerückt, es ging nur noch darum, Wörter zu produzieren, anstatt eine Geschichte zu schreiben.
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Ich habe schon lange aufgegeben, mir irgendwelche Tagesziele zu setzen. Wörter zählen, Seiten zählen, wie viele Geschichten schaffe ich in der Woche/im Monat/im Jahr? Das hat für mich einfach nicht funktioniert, weil es am Ende nur deprimierend ist, wenn das Ziel dann nicht erreicht wird. So habe ich abends meist das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben, statt mir zu denken „das hätte eigentlich viel mehr sein müssen“. So schreibt es sich entspannter und der Text fließt auch besser aus mir heraus. Zumal ich so auch nicht ständig zwischenchecke, wie viel ich denn schon aufs Blatt gekriegt habe, sondern schreibe einfach so lange, wie ich eben schreibe.
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Genau so geht es mir auch! Ich habe öfter auf die Wörter-Anzeige geschaut als auf meinen Text! Jetzt schreibt es sich deutlich entspannter :)
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Man hat ja auch ohnehin schon zu viele Ablenkungen, die einem vom Schreiben abhalten oder ausbremsen. Da sollte man sich nicht noch selbst welche auferlegen. Ich habe für mich persönlich festgestellt, dass die beste Methode ist, mich einfach hinzusetzen und es fließen zu lassen, ohne auf irgendwas zu achten. Egal ob Fehler, Aufbau, Logik usw. das lässt sich später in der Überarbeitung alles noch ändern. Aber der reine Schreibprozess ist bei mir mittlerweile eine komplett spontane Angelegenheit ohne Rücksicht auch Verluste.
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Nicht Wörter zählen, sondern sich zum Ritual machen jeden Tag zu schreiben. Auch wenn es nur eine Zeile ist. Lieben Gruß
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Was du da beschreibst, ist völlig normal. Das sind Gedanken, die wir alle haben (behaupte ich mal). Wortzahlen sind eben eine gute Methode, zu sehen, was man geschafft hat, und auch konkret. Etwas, woran man objektiv sehen kann, wie „gut“ der Tag/die Woche/der Monat war. Aber das ist nicht für jeden was. Auch für mich ist das nur bedingt etwas. Bei mir kommt es auch darauf an, wie ich gerade arbeite, woran und ich muss meine Motivationsstrategien und Arbeitsweisen stetig anpassen, damit meine Arbeit nicht darunter leidet. Insofern hast du auf jeden Fall eine wichtige Fähigkeit gezeigt: dich selbst zu beobachten und zu reflektieren. Probleme erkennen und Lösungen dafür finden. Ist nicht immer ganz einfach, aber du scheinst es diesem Fall ja gemeistert zu haben. WIchtig ist nur, sich dann nicht entmutigen zu lassen. Aber das wirst du sicher nicht ;).
Genau zu dem Thema werde ich übrigens auch im Februarrückblick noch etwas sagen.
Viel Erfolg dir noch!
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Wird es nicht genauso problematisch, sich vorzunehmen, Szenen und Kapitel bis zu einem gewissen Zeitpunkt zu schreiben? Auch das klappt nicht immer und auch dann ist man betrübt. Da sehe ich leider wenig Unterschied zum Wörter-Zählen. Vielleicht hilft es dir eher, dich vollkommen frei von Kontrolle zu machen. Einfach Mal nichts vornehmen, nicht einmal das Schreiben selbst, und spontan auf sein Gefühl zu reagieren.
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Ich verstehe die Problematik, die du ansprichst, aber da tut sich eine neue Problematik auf, könnte es zumindest. Eine Zeit lang ist das vielleicht gut, um auch mal abzuschalten. Aber ganz ohne Ziele ist es schwierig, Fortschritt zu sehen und oft überhaupt zu machen, wenn man sich nicht gerade in einem absoluten Hoch befindet. Und diese guten Zeiten sind leider nicht die Regel. Irgendein Ziel braucht man schon. Vielleicht keine Worte, vielleicht keine Szenen, aber irgendetwas, das man sich vor Augen halten kann. Denn spontan auf sein Gefühl zu hören und nach Lust und Laune bei so einem riesigen Projekt wie das Erschaffen eines Romans zu arbeiten, da wird es den wenigsten gelingen, das Ganze auch zu realisieren.
Es kommt in dem Falle eben auch darauf an, ob Alex sich von Seiten/Szenen/Kapiteln ebenso unter Druck gesetzt fühlt wie von Wortzahlen. Für mich wäre das auch eher nichts. Aber ich behaupte mal, irgendeine Form eines Ziels braucht jeder bei so langwierigen Projekten.
Ähem. Aber warten wir doch einfach ab, was die Person dazu sagt, die eigentlich gefragt wurde.
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Hahaha :) Da hast du aber natürlich Recht. Ohne Ziel können die wenigsten richtig arbeiten, ich auch nicht ;)
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Eine späte Antwort ist wohl besser als keine ;) Ich habe mir schon gedacht, dass du dich eher für die Wortzahlen aussprichst, liebe Eileen, da du dieses Konzept ja bereits lange Zeit erfolgreich anwendest. Für mich birgt es die Schwierigkeit, mich nur noch auf die Quantität statt auf die Qualität zu konzentrieren. Ich habe häufiger auf den Wordcount geschaut als auf meinen Text und Erzählen meiner Geschichte aus dem Fokus verloren. Es ging nur noch darum, Wörter zu produzieren…
Natürlich kann auch das Ziel in Form von Szenen oder Kapiteln Druck aufbauen. Aber wie du schon ausgeführt hast, braucht es trotz allem irgendeine Form von Druck, um sich überhaupt auf den Hosenboden zu setzen. Sonst würde ich sicherlich nur alle paar Wochen drei Sätze schreiben…
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Ach, ich spreche mich gar nicht unbedingt für die Wortzahlen aus. Derzeit probiere ich zum Beispiel was ganz anderes aus, nämlich die Zeit, die ich investiere. Die Wörter zu zählen ist manchmal sinnvoll, manchmal erfüllt es für mich aber auch nicht seinen Zweck. Zählen muss ich sie, wenn es um Kapitellängen geht, ums Kürzen oder sonst so.
Vor allem spreche ich mich eigentlich dafür aus, dass man das tut, was klappt. Übrigens habe ich auch schon mal probiert, mir Ziele in Form von Kapiteln oder Szenen zu setzen. Funktioniert für mich aber gar nicht, weil ich nicht abschätzen kann, wie viel Dahintersteckt.
Halt uns auf jeden Fall auf dem Laufenden, wie es sich entwickelt!
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Ans Zeit messen habe ich auch schon gedacht. Ich musd mal wieder auf deine Seite schauen, du hattest js geschrieben, dass du im Februarrückblick darauf eingehst. Bin gespannt, was du dazu zu sagen hast :)
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Ich glaube fast, zu dem Thema folgt noch mal ein richtiger, nur dem gewidmeter Beitrag. Scheint ja auch viele Leute zu interessieren, das Thema!
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Ich kann deine Situation nur allzu gut nachempfinden. Ich bekomme immer das Gefühl, versagt zu haben, nur weil ich eine bestimmte Wortzahl nicht erreicht habe. Vielleicht sollten wir uns dieses In-Zahlen-Denken-und-Erfolge-messen wieder abgewöhnen und uns stattdessen auf das Schreiben konzentrieren.
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Ich denke, dass ein gewisser Druck durchaus sinnvoll und gut ist, besonders, wenn das Schreiben Teil der Arbeit und nicht der Freizeit ist. Aber für mich ist es immer noch ein Hobby – und darum will und muss ich nicht den Maßstab eines Fulltime-Autors an mich ansetzen. ;)
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Der Wordcount setzte mich auch oft sehr unter Druck. Aktuell trage ich zwar ein, was ich an dem Tag getan habe, aber eher aus Gewohnheit. Meist sind die Zahlen klein und die Pausen lang. Da ich mich aber in einer für mich sehr besonderen Zeit befinde, ist mir das egal. Ich freue mich, wenn ich etwas schaffe und wenn nicht ist es auch in Ordnung. Viel mehr habe ich mein Augenmerk darauf gelenkt, den Faden bzw. den Bezug zu meiner Geschichte nicht wieder zu verlieren. Das ist mir sehr viel wichtiger, als jeden Tag auf Zwang etwas zu fabrizieren, was vielleicht nicht einmal gut ist.
Wie immer ein toller Beitrag! Vielen Dank für deine immer wieder so hilfreichen Worte!
LG
Diana
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Liebe Diana,
danke für deinen lieben Kommentar! :) Ich habe durch das Wörter zählen völlig den Fokus beim Schreiben verloren. Plötzlich stand das Produzieren von Wörtern im Vordergrund, statt das Erzählen einer Geschichte.
Ich hoffe, du findest in deinem Alltag immer ein bisschen Platz für das Schreiben – viel Erfolg und Mut weiterhin :)
LG Alex
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